Sechs Wochen Frühling auf Mallorca, der schönsten Insel der Welt, sind vorüber. Und was für ein Frühling es war. An den meisten Tagen strahlte die Sonne von einem makellos blauen Himmel. Ab und zu gab es Wolken, meistens Fotowölkchen. Und nur vier Regentage während der ganzen Zeit. Davon zwei in der verlängerten Woche als mein Radteam Neu-Isenburg hier war.
3000 Kilometer in sechs Wochen – Auf der Ma-3430 bei Kilometer 6 kurz hinter Muro war es vollbracht.
Die Temperaturen waren, zumindest tagsüber, angenehm warm. An ein paar Tagen wurde die 20-Grad-Marke erreicht, meistens war es zwischen 15 und 18 Grad warm. Die Nächte dagegen waren oft noch lausig kalt. Gerade am Anfang rückten sie oft bis knapp an den Gefrierpunkt. Aber sobald die Sonne aufging, zeigte sie ihre Kraft. Wenn sie wieder weg war, rauschte das Thermometer jedoch sofort wieder in den Keller.
Der Wind war auch wieder ein Thema. Allerdings nicht so stark und beständig aus westlichen Richtungen wie im letzten Jahr. Es gab sogar fast windstille Tage, außergewöhnlich auf einer Insel. Zum Ende sorgte nochmal ein fieser Nordostwind für gefühlte Kühlschranktemperaturen. Ein paar wenige Tage waren stürmisch, auf die ich dann Wander- oder Ruhetage legte. In der letzten Woche blies ein besonders heftiger Wind, der im Gebirge sogar eine Radlerin von der Straße einen Abhang herunter blies. Verständlich dass man bei wenigen Tagen auf der Insel jeden Tag ausnützen möchte, der Tag war jedoch wirklich nicht zum Radfahren geeignet. Vor allem nicht in den Bergen.
Meine Radtouren waren immer interessant. Mal kürzer, mal länger. Ich entdeckte viele neue Wege. Erkundete Wege bei denen ich mich schon immer gefragt hatte wo sie denn hinführen. Nicht alle waren von einer Qualität dass man sie mehr als einmal fahren müsste. Aber es wird auch viel getan an den Straßen und Wegen auf der Insel. Es gibt wieder einige frisch asphaltierte Strecken auf denen das Radfahren ein Genuss sind. Andere betteln förmlich darum mit etwas Liebe und einer neuen Deckschicht bedacht zu werden. Ein großes Negativbeispiel (von sehr wenigen) ist die Abfahrt vom Coll d’Honor in das Dörfchen Orient. Eigentlich eine tolle Strecke, ist mir inzwischen die Lust vergangen dort zu fahren. Anders herum geht es gerade noch wenn man bergauf langsam um die Schlaglöcher herumkurven kann.
Ich verbrachte nicht nur wieder neun phantastische Tage mit meinem Radteam Neu-Isenburg, sondern traf mich auch mit einigen alten und neuen Bekannten von daheim. Wir drehten einige Runden zusammen, quatschten und hatten ein tolle Zeit in den diversen Kaffee- (in meinem Fall meist heiße Schokolade) und Kuchentreffs der Insel. Die neun Tage mit dem Radteam verbachten wir zum wiederholten Male im ganz ausgezeichneten Botel Alcudiamar in Port Alcudia. Wir wurden wieder vorzüglich umsorgt von der ganzen Mannschaft des Hotels, die Küche war wie immer viel zu reichhaltig und der Magen zu klein für all die leckeren Dinge die angeboten wurden. Dieses Hotel ist ein echter Ort zum Wohlfühlen und Entspannen.
Insgesamt legte ich 3019 Kilometer in den sechs Wochen zurück und bin viele tausend (ungezählte) Höhenmeter geklettert. Dabei zählen nicht nur die Anstiege in der Tramuntana und die Ermitas auf ihren Hügeln. Auch die vielen Wellen in der kaum ganz flachen Landschaft summieren sich ordentlich. Wo es hoch geht macht es Spaß, die sehr wenigen Schweineberge kann man getrost auslassen. Ich habe sogar gelernt die schier endlose Kletterei zwischen Deia und Valldemossa zu lockerer zu nehmen, dort wo nach jeder Kuppe ein neuer Anstieg kommt und sogar wenn man scheinbar bergab fährt Höhenmeter sammelt. Alles nur Kopfsache.
Eine neue Erfahrung habe ich gesammelt als mir bergab bei Tempo 50 der hintere Reifen auseinandergeflogen ist. Hatte mich schon immer mal gefragt wie das so ist. Naja, ich hörte den Knall (und es war ein ziemlich lauter) und fragte mich als Erstes von wem aus meiner Gruppe das wohl kam. Erst als mein Felge auf dem Asphalt hoppelte, war mir klar, dass ich es selbst gewesen bin. Nichts Dramatisches also. Loch im Reifen abdichten, neuer Schlauch und weiter ging’s. Ein paar Tage später riss mir der hintere Schaltzug nach einer Abfahrt. Dreißig Kilometer zurück ins Hotel mit drei Gängen. Der Anstieg hinter Llubi tat richtig weh in den Oberschenkeln. Dank der tollen Hilfe des Mitarbeiters an der Rezeption unseres Hotels konnte ich den Schaltzug noch am selben Abend in einer kleinen Werkstatt austauschen lassen, sodass ich am nächsten Tag wieder ein voll funktionsfähiges Rad hatte.
Faszinierend war für mich dazu immer wieder die Tierwelt auf der Insel. Schafe, die reinsten Fressmaschinen. Man sieht sie zu 99% nur mit dem Kopf unten während sie das Gras zupfen. Viele, viele niedliche Lämmer dazu. Ziegen, entweder als Hausziegen oder die wilde Art in den Bergen, die man oft erst bemerkt wenn es direkt neben einem im Gebüsch raschelt oder sie plötzlich auf die Straße springen. Hunde in Massen, vorwiegend die Sorte Kläffer die auch kläffen wenn es nichts zu kläffen gibt. Wachhunde die bei alles und jedem anschlagen was sich auf der Straße an ihrem Grundstück bewegt. Hört da überhaupt noch jemand drauf wenn es ernst ist? Katzen die lautstark Streicheleinheiten einfordern. Jede Art von Federvieh, sogar Emus gibt es hier. Übrigens finde ich das Gänse und Truthähne die besseren Wachhunde sind. Kleine weiße Reiher die auf Schafen reiten. Pferde, Ponys, Esel, letztere leider manchmal in Einzelhaltung. Ein Unding für solch soziale Tiere. Wenige Rinder, keine Stiere. Und das in Spanien. Ein Hermelin und viele Ratten, letzte meistens als Roadkill.
Bei meinen Wanderungen habe ich leichte Fortschritte gemacht. Es waren allesamt tolle Touren in rauhem Gelände. Manchmal weglos. Ist das nun ein Wanderweg oder ein Ziegenpfad? Zum Glück helfen meistens Steinmännchen den richtigen Weg zu finden. Oder weggeworfene Pipitücher (Ladies, ihr wisst was ich meine). Ein paar tolle Klettereinlagen gehörten dazu. Standard schon hoch hinauf zur Kanone auf der Halbinsel Victoria. Die Piratenhöhle zu der man etwa hundert Höhenmeter an der steilen Felsküste absteigen muss. Und für die ich nächstes Mal eine Stirnlampe mitnehme. Die mit Seilen gesicherte Kletterpassage am Pas Llis hoch in der Schlucht des Torrent d’Almadra in der mir deutlich bewusst wurde, was für ein Unterschied ein paar Sekunden machen können. Keine zehn Meter vor mir geht ein Steinschlag aus der Felswand über mir nieder. Ein paar Schritte schneller, die Pause vorher ein wenig kürzer … aber so ist das Leben.
Mein erster Tausender auf der Insel blieb mir auch dieses Jahr wieder verwehrt. Am ersten Tag als ich die Besteigung des Puig des Tossals Verds (1118 m) geplant hatte, hüllte er sich in dichte Wolken, sodass eine Alternative nötig war. Und beim zweiten Versuch war es zu kalt und stürmisch um die schützende Baumgrenze zu verlassen. Die Gefahr von starken Böen war mir dort oben einfach zu groß. Nun, der nächste Versuch wird folgen. Dann hoffentlich erfolgreich.
Morgen ist nun die Zeit gekommen. Zusammenpacken und zurück nach Hause. Ein wenig nervt mich die ungünstige Abfahrtzeit der Fähre. Ankunft in Barcelona erst am Abend. Daher werde ich irgendwo in Südfrankreich eine Übernachtung einschieben. Nicht schön, aber es ist wie es ist.