Freitag, 8. Juni 2018 – Tag 4 – Bocholt/B bis Temse
- 153 km von total 514 km
- 8:26:44 Stunden Fahrzeit netto
- 18,1 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit Fahrzeit netto
- 9:47:23 Stunden Gesamtzeit mit Pausen
- Morgens leichter Regen, dann bewölkt und trocken, später dunstig und leichte Bewölkung
- Temperatur 17 – 22 Grad Celsius
- Wind 7 – 19 km/h (2 – 3 Beaufort) aus WNW
Ich erwache früh und das Zelt ist nass. Während der ganzen Nacht hat es immer wieder leicht geregnet. Ich frühstücke erstmal und gehe nochmal die Optionen für die weitere Fahrt durch. Je nachdem muss ich auch irgendwann einen neuen Track basteln. Schaue mir erneut die Fährverbindungen an und dann entscheide ich mich für eine neue Alternative. Zeebrugge nach Hull. Die Fähren ab Zeebrugge und Rotterdam fahren beide abends. Aber Zeebrugge hat den Vorteil dass ich zeitlich flexibler bin, da der Weg etwas länger ist. Ich werde noch eine Übernachtung einlegen. Dann am nächsten Tag ohne Stress und mit Zeitpuffer die Fähre erreichen. Rotterdam könnte für heute zu knapp werden. Mit einer Übernachtung dort würde ich den morgigen Tag sozusagen verschwenden und müsste irgendwie die Zeit bis zum Abend totschlagen. Nicht sehr verlockend in einer Großstadt. Vor allem wenn man spätestens mittags den Campingplatz verlassen muss.
Zwischen sieben und acht Uhr hört der Nieselregen auf. Ich hoffe anfangs dass das Zelt und meine Klamotten noch ein wenig trocknen, aber die Luftfeuchtigkeit ist zu hoch. Und so packe ich schließlich zusammen und steige in die klamme Klamotten. Wird schon trocknen am Körper. Zumal die Vorhersage einen trockenen Tag ankündigt. Als ich um elf Uhr endlich starte ist es eigentlich schon viel zu spät. Für heute habe ich wieder 130 km geplant. Allerdings topfeben.
Nach gut zwei Kilometern erwische ich irgendwie die falsche Abzweigung. Als ich es bald darauf bemerke, habe ich aber keine Lust umzudrehen. Umdrehen ist keine Option. Denke ich da zumindest noch. Nur einfach die nächste Straße rechts nehmen und zurück zur ursprünglichen Strecke fahren funktioniert aber nicht. Jedenfalls nicht sofort. Denn dazwischen liegt die belgische Luftwaffenbasis Kleine Brogel. Um die muss ich nun herum. Und so packe ich mir gute acht Kilometer zusätzlich drauf. Ein belgischer Rennradfahrer holt mich ein und wir unterhalten uns fast die ganze Strecke. So vergeht die Zeit auf dem Umweg recht flott.
Ich fahre auf ruhigen Straßen und über schöne asphaltierte Radwege durch Felder und Wälder bis ich den Kanaal van Beverloo erreiche. Ich folge dem ruhigen Gewässer nur ein paar Kilometer. Entspannt und flach geht es weiter durch kleine Städtchen wie Mol und Kasterlee nach Herentals. Dort wartet erneut eine Kanalpassage auf mich. Dieses Mal ist es der Albertkanaal der Maastricht und Antwerpen verbinden. Entsprechend breit und viel befahren ist er dann auch. Einmal steht ein fahrbarer Kran mitten auf dem Radweg. Gerade wird ein Schiff beladen. Ich setze mein freundlichstes Gesicht auf und schiebe mich daran vorbei. Die Wege an den Kanälen sind offiziell keine Radwege sondern dienen dem Betrieb und der Instandhaltung der Kanäle. Allerdings bin ich froh dass es sie gibt und die meisten sind meist schön zu befahren.
Dann schwenke ich ein wenig nach Süden. Ich will Antwerpen großräumig umfahren damit ich dem Großstadtverkehr möglichst aus dem Weg gehe. Außerdem liegt der Campingplatz in Waasmunster südwestlich von Antwerpen. Und so gelange ich auf einen sehr schönen Radweg der zwischen dem Flüsschen Kleine Nete und dem Netekanal angelegt wurde. Aus Kleine Nete wird bald Grote Nete und schließlich nur noch Nete. Ich folge der Nete bis der Fluss in die Rupel mündet, einem Nebenfluss der Schelde der nur 12 Kilometer lang ist und sich aus vielen kleineren Flüssen wie der Nete bildet.
Hin und wieder wechsele ich dabei die Seiten der Flüsse. Jetzt am Nachmittag ist die zwar schöne, aber wenig abwechslungsreiche Strecke etwas ermüdend. Ich sehne mich nach Wäldern und Feldern. Ein wenig Abwechselung für das Auge. Diese kommt dann schließlich auch, allerdings anders als ich es mir vorgestellt hatte.
Statt eine viel befahrene Brücke zu nehmen, folge ich weiter dem Fluss bis ich plötzlich am Ende des Radweges stehe. Hier an der Mündung in die Schelde gibt es nur eine Fährverbindung über die Rupel. Oder eben zurück. Der Steg hinunter zur Fähre ist recht steil für mein Gefährt. Aber ich vertraue auf die Bremsen und erreiche sicher das Boot. Der Fährmann der Personenfähre hilft mir beim Entern des kleinen Schiffchens. Er drängt aber auch zur Eile. Wie er mir kurz darauf erklärt, ist dies die letzte Fahrt. In Kürze wird durch das ablaufende Wasser der Ebbe dieser Tidenflusses zu flach werden. Dann stellt die Fähre für einige Zeit den Betrieb ein bis die Flut zurückkommt und wieder genug Wasser unter dem Kiel steht. Großes Glück gehabt. Einen erneuten Umweg brauche ich wirklich nicht. Der Tag hat wieder einiges an Kraft gekostet. Ich freue mich schon auf den Campingplatz der nun nicht mehr weit entfernt ist.
Nachdem die Fähre mich übergesetzt hat, folge ich ein kurzes Stück der Schelde bis zur Brücke nach Temse. Noch zehn Kilometer bis Waasmunster. Schnell erreiche ich den Ort, aber es gibt keinen Campingplatz. Laut Karte soll er sich mitten im Ort befinden. Doch an der verzeichneten Stelle gibt es nur einen Sportplatz und eine Schule. Ich fahre ein bisschen herum, finde aber nichts was einem Campingplatz auch nur entfernt ähnlich sieht. Unterwegs hatte ich einen Wegweiser gesehen. Also zurück Richtung Temse. Ich finde den Wegweiser wieder, aber er hilft nicht weiter. Er zeigt in eine ganz andere Richtung und dort finde ich auf der Karte nichts was auf einem Campingplatz hinweist. Es wird schon spät und so fahre ich nochmal nach Temse zurück. Dort hatte ich ein paar Caravans neben der Straße gesehen.
Leider ist dort auch kein Campingplatz. Nur ein paar stationäre Wohnwagen in einer Gartenanlage. Ein Passant erzählt mir dass es dort vor vielen Jahren mal einen Campingplatz gab. Hilft mir jetzt auch nicht weiter. Was soll ich machen? Ich fahre nochmal ins Stadtzentrum und schaue mir dort eine Infotafel der Gegend an. Kein Campingplatz. Um wild zu zelten ist die Gegend zu dicht bebaut. Auch mag ich nicht noch lange einen geeigneten Platz suchen, da es schon langsam dämmrig wird.
Direkt neben dem ehemaligen Campingplatz hatte ich ein Hotel gesehen. Es sieht nicht gerade vertrauenserweckend aus. Kein richtiger Empfang und ziemlich unbelebt. So stelle ich mir eher ein Stundenhotel vor. Oder auch nicht. Was weiß ich schon von Stundenhotels. Der Besitzer, oder wer auch immer es ist der mich dort empfängt, ist jedoch sehr freundlich. Er bietet mir für 60 Euro ein Zimmer an. Nicht günstig, aber was soll’s. Alternativen sind eigentlich nicht vorhanden. Ich bin etwas besorgt wegen meinem Fahrrad und frage nach einer sicheren Unterbringung. Ich darf mein Gefährt unter der Treppe abstellen die in den ersten Stock führt. Der kleine Empfang dort ist zwar nicht besetzt, aber er zeigt mir die Überwachungskamera die Rad und Anhänger im Fokus hat. Das beruhigt mich etwas. Aber eben nur etwas.
Das Zimmer ist plüschig, aber groß und schön. Die Dusche herrlich. Ich mache mich über die restlichen Vorräte aus Bocholt her und schlafe in dem wunderbar weichen Bett schnell ein. Später, erst nach meiner Rückkehr, entdecke ich den Campingplatz auf Openstreetmap. Er liegt etwas außerhalb des Ortes direkt an der Autobahnabfahrt. Die einschlägigen Camping-Apps haben ihn alle mitten im Ort verzeichnet. Und Plätze zum wild zelten hätte es auch ein Stück weiter gegeben. So lerne ich weiter dazu. Aber ruhiger geschlafen habe ich sicherlich im Hotel statt direkt neben der Autobahn.