Mittwoch, 6. Juni 2018 – Tag 2 – Koblenz bis Heider Bergsee
- 93 km von total 233 km
- 5:08:50 Stunden Fahrzeit netto
- 18,0 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit Fahrzeit netto
- 6:51:12 Stunden Gesamtzeit mit Pausen
- Sonnig, wenige Wolken
- Temperatur zwischen 20 und 30 Grad Celsius
- Wind 7 – 13 km/h (2 – 3 Beaufort) aus O später N
Heute ist eine kürzere Etappe geplant. Eigentlich hätte sie schon gerne etwas länger sein dürfen, aber die Campingplätze liegen sehr weit auseinander, da will ich nicht noch einen langen Tag anhängen. Es soll auch wieder heiß werden.
Also früher Start. Trotzdem sind die anderen Radreisenden, die um mich herum zelten, fast alle schon vor mir weg. Ich muss erstmal Routine im morgendlichen Packen bekommen. Tatsächlich muss ich in noch viel mehr Dingen Routine bekommen, die mit Radreisen zusammenhängen. Wird schon.
Ein letzter Blick auf das Deutsche Eck und dann geht es weiter nordwärts. Immer den Rhein hinunter. Der Radweg führt meistens am Fluss entlang. Nur gelegentlich zwingen mich Hafengebiete oder Städte ins Hinterland. Andernach zum Beispiel. Hier geht die Schulung weiter. Ausschau halten nach den wichtigen Dingen auf einer Radtour. Eine Bank, ein Bäcker, ein Kiosk, kleinere Läden die es kaum noch gibt. Supermärkte sind schlecht weil ich das Rad zu lange unbeaufsichtigt lassen muss. Klaut wahrscheinlich sowieso keiner bei dem Gewicht und die Wertsachen habe ich immer bei mir.
Am Rhein entlang Horden von Rentnern auf E-Bikes. Bin trotzdem schneller. Gelegentlich kommen mir andere Radreisende mit großem Gepäck entgegen.
Dann der erste Plattfuss dieser Tour. Vorderrad. Ein platter Reifen bedeutet sofort anhalten, absteigen und schieben. Sonst Sturz. Das schwere Rad wird unbeherrschbar. Knapp hundert Meter später finde ich Schatten unter einer Brücke. Vorne die Taschen runter und das Rad ausbauen. Braucht auch etwas Übung. Ist nicht so einfach wie mit Schnellspannern beim Rennrad. Das Loch ist schnell gefunden. Glatter Durschschuss. Kein langes Suchen nach spitzen Gegenständen im Mantel. Also flicken und dann weiter. Kostet mich trotzdem fast eine halbe Stunde. Was soll’s.
Irgendwann ist es Zeit fürs zweite Frühstück. In Bad Breisig muss ich den Fluss verlassen und durch den Ort. Dort finde ich eine Bäckerei mit Parkmöglichkeit für mein Gespann. Getränke sind schweineteuer beim Bäcker. Aber ich brauche etwas Eiskaltes bei diesem Wetter. Direkt hinter dem Ort finde ich ein schattiges Plätzchen und mache eine kurze Rast am Rhein.
Als ich das Siebengebirge erreiche, schaue ich immer öfter zum Fluss. Das kühle Nass zieht mich magisch an. Ich suche eine geeignete Stelle an der ich mit dem Rad direkt ans Ufer komme. Gegenüber dem Drachenfels finde ich sie. Hinein in den erfrischenden Strom. Der Rhein hat hier eine ganz schön kräftige Strömung. Daher halte ich mich zwischen den Buhnen im flachen Bereich wo das Wasser ruhiger ist. Keine Lust gegen die Strömung zu schwimmen oder erst hundert Meter weiter aus dem Wasser zu kommen. Am liebsten würde ich im Wasser bleiben. So erfrischend. Auch für die müden Beine. Aber ich muss ja weiter. Als ich mich anziehe bekomme ich Besuch von einem Schwan. Ein ganz zutraulicher Kerl. So nah ist noch nie ein Schwan von sich aus an mich herangekommen. Als er versteht dass ich nichts zu futtern für ihn habe, putzt er sich erstmal ausgiebig bevor er weiterzieht. Dann ziehe auch ich weiter.
In Bonn wird es wieder lebhaft auf dem Uferweg. Jetzt am Nachmittag sind viel mehr jüngere Leute unterwegs. Viele Studenten. Der Radweg ist hier gut ausgebaut und macht es leicht die Stadt zu durchqueren. Hinter Bonn muss der Abzweig kommen. Weg vom Rhein. Noch einmal schaue ich nach einer Badestelle. Kommt aber keine mehr. Also weiter schwitzen.
Es geht durch einige Vororte von Bonn. Der Straßenverkehr hat mich wieder. Brühl ist besonders nervig. Vor allem nach einer so langen ampelfreien Strecke. Jedes Mal kostet es ordentlich Kraft mit dem Gespann anzufahren. Und dann geht es zum ersten Mal seit dem Main wieder bergauf. Der Campingplatz liegt schließlich am Heider Bergsee. Also nochmal kräftig schwitzen. Duschen soll sich schließlich lohnen.
Der Campingplatz gehört zum See. Einem Badesee. Als erstes bekomme ich – typisch deutsch – die Regeln erklärt. Dann darf ich mir einen Platz aussuchen. Auf einer mit Holzstücken und Gänsekacke übersähten Wiese. Bin zuerst nicht so begeistert dort direkt bei den normalen Badegästen und zwischen Gänseherden zu stehen. Aber neben dem Stromanschluss gibt es einen passablen Platz. Dort kann ich meine Powerbank wenigstens laden. Nette Nachbarn habe ich dort auch. Ein Camper aus Stuttgart der hier im Zelt an einem Projekt arbeitet weil es keine freie Hotelzimmer in der Gegend gibt. Sein Sohn, der in der Nähe wohnt, hat im kurzerhand ein Zelt mit allem Drum und Dran hingestellt. Jetzt wohnt er zwei Wochen dort. Dazu eine Großfamilie polnischer Abstammung. Auch sehr nette Leute.
Als das Zelt steht, muss ich mich erst einmal um das Abendessen kümmern. Nächster Supermarkt ist knapp drei Kilometer entfernt. Ich laufe. Nochmal in die pralle Sonne. Nach einer guten Stunde bin ich zurück. Und springe erstmal in den See. Oder laufe vielmehr. Er ist flach. Überall. Schwimmen geht gerade noch so. Ohne sich die Knie am Grund zu stoßen. Danach lasse ich den Abend mit einer leckeren Mahlzeit ausklingen. Selbst gekocht. Vor dem Zelt.