
Donnerstag, 7. Juni 2018 – Tag 3 – Heider Bergsee bis Bocholt/B
- 130 km von total 363 km
- 7:26:36 Stunden Fahrzeit netto
- 17,6 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit Fahrzeit netto
- 9:07:39 Stunden Gesamtzeit mit Pausen
- Leicht bewölkt, später zunehmend wolkig, trocken
- Temperatur 18 – 28 Grad Celsius
- Wind 9 – 13 km/h (2 – 3 Beaufort) WNW
Gegen halb sieben stehe ich auf und nach den üblichen Erledigungen des Morgens unternehme ich einen kurzen Rundgang über den noch ruhigen, verschlafenen Campingplatz am Heider Bergsee. Ohne Badegäste ist es richtig idyllisch und über Nacht hat es ein wenig abgekühlt. Sogar die Wasservögel schlafen noch.
Um halb neun schwinge ich mich wieder auf mein Gefährt und es heißt erstmal wieder zurück auf den Track kommen. Den direkten Weg finde ich nicht gleich, sodass ich ein paar zusätzliche Kilometer und Höhenmeter einsammle während ich durch die Gegend kurve. In Hürth erreiche ich dann endlich wieder den ursprünglichen Track. Ab jetzt fahre ich ziemlich direkt Richtung Westen. Erneut erwartet mich eine lange Etappe. Die Dichte der Campingplätze im Grenzland von Deutschland, den Niederlanden und Belgien ist sehr niedrig bis gar nicht vorhanden und um halbwegs auf dem Track zu bleiben, wird der Weg heute weit.
Hinter Frechen bezwinge ich noch einen kleinen Hügel und dann wird es für den Rest des Tages flach. Alles kein Problem und auch wenn die Temperatur noch angenehm ist, spüre ich die erhöhte Luftfeuchtigkeit schon deutlich. Einzelne Wolkentürme bilden sich bereits am frühen Vormittag und verheißen nichts Gutes.
Vorwiegend auf ruhigen asphaltierten Feldwegen und kleinen Sträßchen durchquere ich die rheinische Braunkohlelandschaft. Im Süden der Tagebau Hambach und im Norden Garzweiler, ein Kraftwerk bläst seine gewaltige Rauchsäule in den inzwischen milchigen Himmel. Das Land ist weit und flach. Bis auf Abraumhalden die den flachen Horizont gelegentlich aufbrechen.
Für einen kleinen Snack zwischendurch versorge ich mich bei Hückelhoven mit frischen Erdbeeren, über die ich mich kurz vor der niederländischen Grenzen bei Schloß Elsum her mache. Ein Ehepaar auf Leihrädern kommt vorbei. Sein Sattel ist sehr locker und sie fragen ob ich helfen kann. Mein Multi-Tool leistet gute Dienste und beide bedanken sich herzlich, bevor sie ihre Fahrt nun wieder entspannt fortsetzen können.

Südlich von Roermond durchquere ich den südlichen Zipfel der Niederlande. Schöne schmale Wege und eine kleine Brücke über die Maas, schon bin ich in Belgien. Dann wieder in den Niederlanden, und erneut in Belgien. Nur einmal gibt es einen Hinweis auf eine Grenze und so wechsele ich ein paar Mal fröhlich zwischen den beiden Ländern hin und her, meistens ohne zu wissen in welchem ich mich gerade befinde. Nur ein paar Schilder und deren unterschiedliche Farben geben manchmal einen Hinweis. In Belgien sind die Radwege zwar ausgeschildert, aber leider nur mit Nummern ohne irgendwelche Ortsangaben. Wenn man also nicht weiß, welchem Radweg man folgen will, ist man ziemlich aufgeschmissen. Zum Glück sagt mir mein Navi wo es lang geht.
Ich erreiche die Zuid-Willemsvaart, einen Kanal auf dem Schiffe zwischen Maastricht und s’Hertogenbosch einen Teil der Maas abkürzen können, und folge ihm ein kurzes Stück. Eine etwas abenteuerliche Stahlbrücke führt mich auf die andere Kanalseite um nach Bocholt/Belgien zu gelangen. Jetzt beginnt die Suche nach dem Campingplatz. Zum Glück ist der Familienpark Goolderheide bereits ab der Stadtmitte ausgeschildert.

Es ist schon nach 18 Uhr als ich den Park erreiche. Jetzt, noch vor Beginn der Feriensaison, sieht er sehr verlassen aus. Ein zum Park gehörendes Schwimmbad schließt gerade. Ich muss ein wenig herumkurven bis ich jemanden finde, der hier beschäftigt zu sein scheint. Ich trage dem freundlichen jungen Mann meinen Wunsch vor und er sagt dass es überhaupt kein Problem wäre zu übernachten. Weil jetzt nur sehr wenige Besucher da sind darf ich mir einen Platz in den Parzellen für Wohnwagen aussuchen. Er erklärt mir dass ich dort näher an den Waschräumen stehen würde, da es von der eigentlichen Zeltwiese ein recht weiter Weg wäre.
Schnell finde ich ein nettes Plätzchen, baue in aller Eile mein Zelt auf und mache mich wieder auf den Weg. Ich brauche noch Abendessen und vor allem Getränke. Unterwegs bin ich auf den letzten mehr als fünfzig Kilometern an keinen Einkaufsmöglichkeiten vorbeigekommen und ziemlich dehydriert. Und in Belgien schließen die Supermärkte früher als bei uns. Ich schaffe es gerade noch, mich kurz vor Ladenschluss im drei Kilometer entfernten Aldi zu versorgen.
Zurück am Zelt gehe ich erstmal in voller Montur unter die Dusche. Staub und Schweiß ausspülen. Hoffentlich bekomme ich die Sachen bis morgen wieder trocken. Als ich die Wäscheleine zwischen zwei Bäumen aufspanne, fallen die ersten Tropfen aus dem inzwischen sehr grauen Himmel. Vielleicht ist es nur ein kurzer Schauer.
Nachdem ich mich gestärkt und mit einem Bier und viel Cola Flüssigkeit aufgefüllt habe, ist es Zeit über die nächsten Tage nachzudenken und eine Entscheidung zu treffen. Lange Touren sind bei Hitze oder hoher Luftfeuchtigkeit sehr kräftezehrend. Ich zweifele daher ob ich meiner ursprünglichen Planung weiter folgen kann. Zumindest im angepeilten Zeitrahmen. Alternativ könnte ich etwas abkürzen und den direkten Weg nach Dunkerque zur Fähre wählen. Das bringt erfahrungsgemäß stärker befahrene Straßen mit sich. Und einige Hügel. Zumindest bis ich Flandern erreiche. Die dritte Option wäre direkt nach Rotterdam zu fahren und dort die Fähre nach Hull zu nehmen. Damit würde ich mir Süd- und Mittelengland sparen.
Es regnet immer mal wieder. Nicht stark, aber doch regelmäßig. Also morgen doch in feuchte Klamotten steigen. Wenn ich sie draußen hängen lasse werden sie nicht trocken und im Zelt auch nicht richtig. Aber darüber mache ich mir morgen einen Kopf. Ich checke online Fähren und Optionen. Trinke ein zweites Bier. Komme zu keiner Entscheidung. Also eine Nacht drüber schlafen. Vielleicht scheint morgen wieder die Sonne und ich habe im Traum eine Eingebung. Jetzt regnet es stärker. Oder hört es sich nur so an im Zelt? Irgendwo schreit ein Pfau und wann immer jemand seinen Fuß auf einen der Schotterwege setzt, kläfft ein Hündchen in einem der Ferienbungalows in der Nähe. Auf eine ruhige, erkenntnisreiche Nacht.